Nein missverstehen sie als Fremdwort, der Wille der Eltern wird ins Gegenteil übersetzt und alles, was sie nicht sollen, ist plötzlich unglaublich spannend: Kinder in der Trotzphase sind eine ganz schöne Herausforderung. Wir haben zwei Expertinnen gefragt, wie ihr eure kleinen Energiebündel in diesem schwierigen Altern in den Griff bekommt.

Sohn zeigt Mutter Kräfte

„Ich habe jetzt auch einen eigenen Willen“ – diese Message will euer kleiner Schatz euch in der Trotzphase vermitteln.

Zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr verwandeln sich geborene Engelchen scheinbar in kleine Teufelchen. Im Fachjargon wird diese Phase der Kindesentwicklung als Trotz- oder Autonomiephase bezeichnet. Für frisch gebackene Eltern ist diese Zeit eine große Herausforderung. Vera von Abenteuer-Erziehung.at und Petra von Kleinwirdgross.de kennen die Hürden, die Mütter und Väter dabei meistern müssen, aus ihrer Erfahrung als Erziehungsexpertinnen. Mit ihren Tipps werdet ihr der Trotzausbrüche Herr. Viele weitere findet ihr auch auf dem Erziehungsblog von Vera sowie dem Blog von Erzieherin Petra sowie in deren zahlreichen Publikation.

[su_box title=“Tipp“ style=“soft“ box_color=“#e5a1a4″]Am 09.03.2016 gewährt euch Vera in einem kostenlosen Webinar einen Einblick in die Hintergründe der Trotzphase – unbedingt reinschauen! Mehr Tipps zum Umgang mit Kindern in diesem schwierigen Alter von Petra findet ihr in ihrem Buch „Die Trotzphase“. [/su_box]

Die Trotzphase im Überblick

Damit ihr eine Vorstellung davon bekommt, was die Trotzphase eigentlich ist, wann sie auf euch zukommt und was dabei mit euren kleinen Schätzen passiert, sehen wir uns diese Entwicklungsphase zunächst einmal genauer an.

Erziehungsexpertinnen Trotzphase

Petra und Vera helfen euch mit ihren Tipps durch die Trotzphase.

Wann beginnt die Trotzphase?

Je nach Veranlagung des Kindes beginnt „die Trotzphase zwischen dem 14. und 18. Lebensmonat. Die Hauptzeit der Trotzphase ist zwischen dem 18. Lebensmonat und 3 Jahren“, erklärt Petra.

Junge Eltern trifft ihr Schicksal meist besonders hart, denn „die Trotzphase beginnt meist dann, wenn die Eltern denken, sie hätten jetzt alles im Griff. Das erste Jahr mit dem Baby ist ja oft sehr turbulent und von vielen Veränderungen gekennzeichnet. Dann wird der Alltag etwas ruhiger und strukturierter – und plötzlich steht man als Mama fassungslos vor dem brüllenden Zwerg auf dem Supermarktboden und hat keine Ahnung, warum – wieso – weshalb“, weiß Vera.

Doch was genau passiert da überhaupt plötzlich mit unseren Kleinen?

Was passiert dabei mit dem Kind?

Für Petra liegen die Hintergründe der Trotzphase auf der Hand: „Gerade in dieser Zeit sind die Wünsche und Vorstellungen des Kleinkindes oft so weit entfernt von der Realität – was es selbst tun will und kann – , sodass Wut und Frustration die natürlichen Folgen sind.“

Erst, wenn sich die Kluft zwischen Wollen und Können schließt, haben Kinder diese Phase überwunden – und das kann ganz schön lange dauern. „Das langsame Ausschleichen der Trotzphase kann bis 6 Jahre dauern, wenn das Kind gelernt hat, bewusst mit Wut umzugehen und diese wieder loszuwerden“, so die Erzieherin Petra.

Kind in der Trotphase

Die Kleine hat jetzt ihren eigenen Willen. Was die Mama will, mag sie nicht mehr hören.

Vera sieht in der Trotzphase den Übergang vom Baby zum Kleinkind: „Im ersten Jahr geht’s vorrangig um die körperlichen Bedürfnisse: Füttern, Schlafen, Wickeln, körperliche Nähe geben. Jetzt wird aus dem vormals hilflosen Baby ein Kleinkind, das immer mehr nach Autonomie und Selbstwirksamkeit strebt.“

Das ist sowohl fürs Kind als auch für die Eltern eine enorme Umstellung, denn plötzlich müssen sie sich auch mit den Wünschen des Kindes auseinandersetzen, denn „wenn die Kinder jetzt etwas verlangen, einen Schokokeks zum Beispiel, muss ich als Mama entscheiden: Bekommt das Kind den Keks jetzt oder nicht. Und ich muss mit der Reaktion des Kindes auf meine Entscheidung leben“, so die Expertin von Abenteuer-Erziehung.at.

Erste Erfahrungen mit Wut, die Entwicklung vom Baby zum Kind: Das sind sicherlich große Schritte in der Entwicklung eines Menschen. Aber warum müssen die Kleinen darauf so trotzig reagieren?

Warum kommt es zur Trotzphase?

Vera hat auf diese Frage eine klare Antwort: Im ersten Lebensjahr lebt das Kind gewissermaßen in Symbiose mit seinen Betreuungspersonen. Im Lauf des zweiten Lebensjahres passiert ein großer Fortschritt im Gehirn. Das Kind erkennt, dass es eine eigene Person ist. Es erkennt sich nun selbst im Spiegel und benennt sich selbst mit ‚ich‘ statt mit seinem Vornamen.

Kind trotzig

„Nicht zu bekommen, was ich will, macht gar keinen Spaß!“

Daraus ergibt sich, dass es nun vermehrt spürt, dass es mitunter andere Bedürfnisse hat als die Personen rundherum und dass die manchmal eben nicht die gleichen sind. Um an oben anzuschließen, es möchte einen Keks, die Mama macht sich aber Sorgen um die Zahngesundheit und gibt ihm keinen. So entstehen Enttäuschungen, Wut und Frustrationen, mit denen das Kind lernen muss, umzugehen.“

Und dieses Gefühl der Enttäuschung zeigt euch euer Schatz ganz ungeniert und zwar genauso, wie er es in diesem Moment empfindet.

Welche Herausforderungen kommen auf die Eltern zu?

Für Petra war es die größte Herausforderung „den Spagat zwischen meiner Wunschvorstellung, wie ich meine Kinder in der Entwicklung begleiten möchte und der Realität, wie ich es manchmal nicht ganz perfekt schaffe“ ,zu akzeptieren.

Häufig zeigen Kleinkinder ihre Unzufriedenheit mit ihrer Umwelt plötzlich, unerwartet und am liebsten in einer großen Menschenmasse. Auch Vera erinnert sich beim Rückblick an diese Phase ihrer Töchter vor allem an solche Situationen: „Am schlimmsten habe ich die Trotzanfälle in der Öffentlichkeit in Erinnerung – das Beobachtet-Werden von wildfremden Menschen und die „guten Ratschläge“ von Menschen, die selbst keine Kinder haben.“

Wutanfall im Supermarkt

Im Supermarkt gibt es viele Dinge die Kinder wollen, aber Mamis nicht – da sind Wutanfälle vorprogrammiert.

Doch auch wenn es in aller Öffentlichkeit wie am Spieß schreit und ihr vor Scham im Erdboden versinken wollt, ruft euch Petra auf, für sein Kind da zu sein – egal was andere dazu sagen. Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan. Deshalb wäre es gut, wenn ihr euch irgendwie aus dem Rampenlicht begeben könntet. Ich zum Beispiel habe dann das Geschäft verlassen (den Einkaufswagen einfach stehen gelassen und später weiter eingekauft) als sich aus dem Nichts ein Wutanfall anbahnte.“

Petra hat euch zur Verhinderung eines solchen Anfalls in diesem Beitrag zahlreiche Hilfestellungen zusammengestellt.

Die Trotzphasen-Notfalltipps unserer Expertinnen

Im Laufe des Erwachsenwerdens werdet ihr euren Schatz wohl oder übel auch durch diese schwierige Phase begleiten müssen. Doch mit den Tipps unserer Expertinnen wird’s nur halb so schlimm.

Besser als Krisenmanagement ist für Petra die Prävention, denn unsere Expertin ist überzeugt, dassEltern schon im Vorfeld einiges dafür tun können, damit es gar nicht zu einem Wutanfall kommt oder dieser abgeschwächt werden kann.“

Auch wenn sich die schwierigen Momente häufen, kann es manchmal schon helfen, die Perspektive zu wechseln, denn „die Trotzphase ist zwar anstrengend, stressig und manchmal nervig. Aber trotzdem ist sie eine wundervolle Zeit, in der sich dein Kleinkind weiter entwickelt. Sich selbst und seine eigenen Fähigkeiten entdeckt und diese ausprobieren will und mit allen Mitteln dafür kämpft, etwas alleine machen zu dürfen. Die Trotzphase ist ein Meilenstein in der Entwicklung deines Kindes.“

Schreiendes Kind in Trotzphase

Auch wenn euer Schützling schreit, wie am Spieß: Seid für ihn da! Auch für ihn ist dieses Alter eine schwierige Phase.

Folgt Petras Beispiel und tauscht Wut gegen Bewunderung: „Manchmal kann ich nur staunend daneben stehen. Was mein Kind innerhalb von kürzester Zeit alles gelernt hat – nur weil es sich gegen Hilfe sträubt und alles alleine machen will. Die Trotzphase ist ein riesengroßer Antrieb für die Entwicklung vieler Fertigkeiten und Fähigkeiten des Kindes.“

Denn so ‚heiß‘ manche Situationen doch tatsächlich waren: Im Rückblick scheint vieles nicht mehr so schlimm. Ich glaube unsere Hirn ist da sehr gnädig und blendet einiges aus ;-)“, scherzt Vera.

Ihr und euer kleiner Racker steuert direkt eine Trotzphase an? Augen zu und durch: Mit einem bewussten Perspektivenwechsel, einer extra Portion Ruhe und ganz viel Verständnis für das Wunder der Entwicklung meistert ihr dieses schwere Alter mit links!

Vielen Dank an Vera und Petra für die tollen Tipps und die Hintergründe zur Trotzphase!

Bilder:Bild 1: (c) iStock / Olgasea, Bild 2: links (c) Petra / Kleinwirdgroß.de, rechts (c) Vera / Abenteuer-Erziehung.at, Bild 3: (c) iStock / Coreograph, Bild 4: (c) iStock / jandrielombard, Bild 5: (c) iStock / JackF