Neun von zehn Dänen halten ihr Land insgesamt für kinderfreundlich. Das ergibt jedenfalls eine Umfrage der Stiftung für Zukunftsfragen in Hamburg. Deutschland dagegen schneidet im Gegensatz ziemlich schlecht ab: Nur 15% der Deutschen bejahten eine kinderfreundliche Tendenz. Toleranz und Hilfsbereitschaft: Fehlanzeige! Wir haben hinterfragt, durch welche Maßnahmen eine solche Vermutung zustande kommt und geben euch als Eltern Tipps, mit schwierigen Situationen umzugehen.
Kinderfeindlichkeit: In der heutigen Gesellschaft normal?
Tendiert Deutschland tatsächlich zur Ablehnung von Familien mit Kindern? Einiges scheint so. Immer mehr Cafés, vor allem in Großstädten, haben ein Kinderwagen-Verbot eingeführt. Dies ist zweierlei begründet: Stellen die Gefährte doch einerseits den wertvollen Platz für andere Kunden zu, andererseits würden Mütter einfach zu wenig konsumieren und zu lange rumsitzen. Das ist nicht gern gesehen.
Sogar auf der Oidn Wiesn (das kleine Oktoberfest) in München, die für Familien aufgrund ihrer Größe und dem Fernbleiben der saufenden Touristen so attraktiv ist, wurde jetzt für einen Tag gänzlich ein Kinderwagen-Verbot erteilt, damit sich andere Besucher nicht eingeengt fühlen.
Dass Kinderfeindlichkeit ein Thema ist, zeigen auch mehr und mehr Internetforen, die sich mit dem Thema „Kinderunfreundliche Umgebung“ beschäftigen – hier jedoch aus der Sicht der betroffenen Eltern.
Denn nicht alle Mütter können einfach so mir nichts, dir nichts mit diesem Stressfaktor umgehen, sind sie doch selbst oft so mit der Situation überfordert, dass sie Hilfe im Netz suchen.
Ist Kinderfeindlichkeit gerechtfertigt?
Aber warum ist das so? Ist Kinderfeindlichkeit irgendwie zu rechtfertigen? Klar, Kinder sind oftmals laut und können ganz schön nervenaufreibend sein. Aber denkt dabei auch jemand mal an die Eltern? Von der finanziellen Belastung ganz zu schweigen, haben meist die Mütter ganz schön viel um die Ohren und zu managen. Da kann einem bei nicht gerade nett gemeinten Sprüchen aus der Umgebung schnell der Kragen platzen.
Kinderfreundliche Umgebung: Was ist das?
Zum Thema Kinderfreundlichkeit gibt es sogar einen Eintrag auf Wikipedia: Unter der kinderfreundlichen Politik des Staates, die die kinderfreundliche Infrastruktur genauso einschließt wie entsprechende Angebote, Dienstleistungen und Förderung der Kinder, gibt es auch einen nicht minder wichtigen Absatz zum kinderfreundlichen Verhalten des Einzelnen.
Und genau hier befinden wir uns am Kerngedanken der Sache. Der manchmal stressige Alltag wird zwar erleichtert, doch was helfen barrierefreie Verkehrsmittel, die es zwar vereinfachen, in die Bahn einzusteigen, wenn keiner der Fahrgäste freundlich bereit ist, Platz für den Wagen zu machen. Kinderfreundlichkeit passiert nämlich überwiegend im Alltag – es sind die kleinen Dinge und Toleranz der Mitmenschen, die Eltern wirklich wichtig sind!
Kindergeschrei als Zukunftsmusik?
Die Münchnerin Petra Warth, die sich auf ihrem Blog allesinklein.com über ihre oft kinderunfreundliche Umgebung brüskiert, sieht das ganz richtig: „Es ist Tatsache und Notwendigkeit, dass man mit Kindern am sozialen Leben teilnimmt.“ Wer sich in der Öffentlichkeit bewegt, muss sich auch der Öffentlichkeit stellen und damit klarkommen, dass es etwas lauter werden kann. Kinderneutralität könnte man das nennen.
Und natürlich – das sollte eigentlich klar sein – haben auch Eltern die Aufgabe, im Gegenzug Rücksicht nehmen und sollten nicht jedem zumuten, das Geschrei der Kinder auszuhalten zu müssen. Eltern, denen es egal ist, wie sich der Nachwuchs benimmt, gibt es nämlich ebenso!
Gegenseitige Rücksichtnahme für eine kinderfreundliche Umgebung
Was ihr tun könnt, um eine kinderfreundliche Gesellschaft funktionieren zu lassen:
- Achtet darauf, den Kinderwagen sorgsam zu schieben und niemanden anzurempeln. Bittet höflich um Platz oder um Mithilfe, wenn zu wenig Raum ist.
- Bringt den Kindern bei, wie wichtig es ist, Rücksicht auf andere Menschen zu nehmen, indem ihr es ihnen vorlebt.
- Entschuldigt euch für Unannehmlichkeiten (lieber einmal zu oft), wenn das Kind für Störungen sorgt: Ihr werdet erstaunt sein, welche Wunder es wirkt, wenn sich das Gegenüber respektiert fühlt!
- Und das Wichtigste: Ärgert euch nicht zu sehr über kinderfeindliches Verhalten, damit schadet man in erster Linie sich selbst! Weist einfach freundlich auf eure Situation hin – meistens kommt man mit dem anderen ins Gespräch und erreicht bei demjenigen sogar auch für kommende Situationen mehr Verständnis.
Kinderfreundliche Ecken: In der Stadt, auf dem Land und unterwegs
Essen gehen, in den Urlaub fahren und unterwegs sein kann mit den Kleinen ganz schön anstrengend sein – es sei denn, man weiß wie und wo. Wir haben ein paar Tipps für kinderfreundliche Restaurants mit Kinderstühlen, Platz für Kinderwägen, rauchfreien Zonen und Spielecken, sowie entlastende Traveltipps:
- Entspannt essen und genießen (beispielsweise in München) könnt ihr mit den Kids in diesen Restaurants. Anregungen findet ihr auch auf diesem Blog. Tipps für einen Restaurantbesuch mit Kindern gibt es auf mamiweb.de.
- Die deutsche Bahn hat in ihren Zügen bunte Kinderabteile eingerichtet. Da stört es dann auch niemanden, wenn es ein bisschen lauter wird. Achtung: Spielzeug gibt es hier nicht, bitte eigenes mitbringen. Für Zugreisen findet ihr hier wertvolle Informationen über Reisen mit Kind.
- Lufthansa-Family Check-In: Die Lufthansa hat für Familien mit Kindern die Möglichkeit eines gesonderten Check-Ins vorgesehen. Super hierbei ist: Die Wartezeit ist deutlich geringer als an den anderen Schaltern, außerdem gibt es eine Art Treppenrampe, damit die Kleinen sehen können, was passiert.
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Unser Buch-Tipp mit Augenzwinkern zum gesamten Kinderthema – und ein Plädoyer für Kinder: „Seid fruchtbar und beschwert euch. Ein Plädoyer für Kinder- trotz allem“ von Malte Welding.[/su_box]
Tragt selbst ein bisschen zu Kinderfreundlichkeit bei, zeigt eurer Umgebung Bewusstsein und Rücksichtnahme. Kinder sind nun mal unsere Zukunft – das sollte keiner vergessen. Und falls euch mal wieder droht, nur noch rot zu sehen, denkt einfach daran: Das Glück eurer Kinder kann euch auch kein griesgrämiges Umfeld nehmen – die sind doch nur neidisch!
Bilder:
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© Petra Warth
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