Es ist ein Thema, bei dem sich die Geister scheiden: Gehören Babys in enge, dröhnende, fliegende Röhren mit Miniatur-Toiletten und Bewegungsgrenzen, soweit das Auge reicht, oder lieber doch noch ein paar Jährchen in den Schutz der heimischen vier Wände? Wir verraten jetzt schon: Kinder sind meist dann für den ersten Flug bereit, wenn es ihre Eltern sind.
Ein Pauschalbaby gibt es nicht
Flugmediziner Torsten Pollmann zufolge dürfen Babys aus physischer Sicht schon ab dem achten Tag fliegen. Er empfiehlt jedoch das Fliegen erst ab drei Monaten, um Risiken auszuschließen. Der richtige Zeitpunkt ist dabei völlig individuell: Jedes Baby hat seine eigenen Launen, Macken und Liebenswürdigkeiten – ebenso wie die Eltern. Deshalb lässt sich ein pauschales Alter oder eine Höchstflugdauer nicht angeben. Ob euer Baby in ein Flugzeug gehört oder nicht, ist von vielen Faktoren abhängig:
- Wie verhält es sich in großen Menschenmengen?
- Wie leicht lässt es sich bei Aufregung beruhigen?
- Wie lärmempfindlich ist es?
- Wie gut schläft es?
- Wie weit geht die Reise?
- Wie offen ist es gegenüber Fremden?
- Braucht es viel Bewegung?
- Ist es gerade krank?
- Wie gut seid ihr als Eltern-Kind-Team schon eingespielt?
7 Tipps von der Blogger-Mami
Mama Antonia hat das erste Mal Fliegen mit Kleinkind schon hinter sich – und auf ihrem Blog „Stadt oder Land Eltern“ verewigt. Mit 18 Monaten durfte ihre Tochter Lu nach Gran Canaria mitfliegen. Antonia weiß deshalb aus eigener Erfahrung, wie individuell unterschiedlich das Flugerlebnis für Babys und Eltern sein kann:
“Wir haben bewusst gewartet bis Lu eineinhalb Jahre alt war und können für uns sagen, dass das die richtige Entscheidung war. Im Flugzeug waren allerdings auch jüngere Kinder, die den vierstündigen Flug ebenfalls sehr gut gemeistert haben. Auf anderen Flügen haben wir auch schon erlebt, dass Babys fast die ganze Zeit über geweint haben und das wollten wir Lu und uns nicht antun. Es ist wirklich von Kind zu Kind unterschiedlich und sicherlich entscheidet auch die Tagesform. Letztlich ist das eine Frage, die alle Eltern für sich beantworten müssen. Einen Richtwert würde ich da nicht geben.”
Wir haben sie nach ihren Tipps für das Fliegen mit Baby gefragt:
- Möglichst früh einchecken, „damit ihr einen Platz mit viel Beinfreiheit bekommt, z.B. in der ersten Reihe – dann ist man auch beim Aussteigen schnell draußen.”
- Beim Boarding mit dem Einsteigen bis zum Schluss warten, „damit man möglichst lange frei mit dem Baby rumlaufen und vielleicht noch eine frische Windel anziehen kann.
Wenn man zu zweit reist, kann einer auch schon früher in den Flieger steigen und das Handgepäck über dem eigenen Sitz verstauen.“ - Die Flugzeiten so wählen, dass sie in den natürlichen, täglichen Rhythmus von Kind und Eltern passen: „Ihr werdet nichts davon haben, wenn ihr nachts um drei aus dem Haus müsst und später alle genervt und übermüdet im Flugzeug sitzt.“
- Hilfe anfordern: „Lasst euch von Stewardessen und netten Sitznachbarn helfen.
Bei manchen Fluggesellschaften gibt es auch die Möglichkeit, ein Babybett zu bekommen.” - Bei der Bekleidung eures Babys mit dem Zwiebelprinzip arbeiten: „Damit könnt ihr auf die möglichen Temperaturunterschiede reagieren und habt Ersatzklamotten im Handgepäck dabei. “
- Klein anfangen: Flüge von bis zu vier Stunden sind mit Kleinkind problemlos machbar, bei Langstreckenflügen sollte das Kind aber schon Flugerfahrung haben und etwas älter sein: „Länger als vier Stunden möchten wir trotzdem noch nicht zusammen in einem Flugzeug sitzen“, so Antonia.
- Die Lieblingssachen der Kleinen mit an Bord nehmen: “Das Lieblingskuscheltier, etwas Neues zum Spielen und Entdecken und genug zu Essen und Trinken. Bei uns waren Süßigkeiten bei Start und Landung so interessant, dass Lu total happy war.“
Tipps vom Flugmediziner
Hier noch einige zusätzliche Tipps von Flugmediziner Torsten Pollmann:
- Gut vorbereiten: Eine gute Planung bringt Ruhe in den besorgten Elternkopf und vermittelt den Kleinen vor Abflug ein Gefühl von Sicherheit und Ausgeglichenheit.
- Bei Start und Landung dem Kleinen die Brust, Schnuller oder Trinken geben, damit der Druckausgleich im Ohr nicht als unangenehm empfunden wird. Bei den Kleinen sind nämlich die Nasennebenhöhlen noch nicht voll entwickelt.
- Reserviert frühzeitig ein Bassinet: Diese Babybetten gibt es nur in begrenzter Zahl.
- Vor dem Flug die normalen Baby-Vorsorgeuntersuchungen machen, um etwaige Krankheiten, die das Fliegen gefährlich machen, auszuschließen.
- Möglichst nicht mit kranken Babys fliegen, oder aber das OK vom Kinderarzt einholen.
- Sitzplatz in den vorderen Reihen oder über den Flügeln wählen, dort ist das Flugzeug am ruhigsten.
- Kinderwagen beim Gate-Check-in kurz vorm Boarding abgeben, das spart den Weg zur Gepäckausgabe.
- Darauf achten, dass die Lüftung über dem Sitz aus ist.
(Quelle)
Wer ist eigentlich gestresster: Kind oder Eltern?
Oftmals lässt sich gar nicht genau sagen, wo der Stress beim Fliegen mit Babys entspringt: Bei den besorgten Eltern oder beim überforderten Kind? Antonia versucht, der Frage auf den Grund zu gehen:
„Schwer zu sagen. Die vielen neuen Eindrücke muss ein kleines Kind erst einmal irgendwie verarbeiten. Zudem ist es in einem Flugzeug nun mal eng, laut und es gibt viele andere Menschen. Demnach ist der Stressfaktor vermutlich hoch.
Ich empfand den Flug für uns als Eltern allerdings schon ziemlich stressig, obwohl eigentlich alles gut geklappt hat. Als Eltern steht man die ganze Zeit über in der Verantwortung und hat tatsächlich nur in den Momenten Ruhe, in denen das Kind schläft.“
Am Ende kommt es wohl darauf an, dass die Eltern bereit sind, ihre Sorgen zu überwinden und ihren Kindern als ruhige, sichere Säulen beim Fliegen beizustehen – anstatt das Kind als Nervenwrack mit den eigenen Ängsten anzustecken.
Nur ihr wisst, ob die Zeit reif ist
Wenn ihr übermäßig nervös seid und die Sorgenfalten euer Gesicht scheinbar unaufhaltbar vereinnahmen, dann ist das ein ganz klares Zeichen dafür, dass ihr als Familie für diesen Schritt noch nicht bereit seid – und das ist völlig in Ordnung!
„Wenn die Bedenken zu groß sind, würde ich tatsächlich einfach noch etwas warten“, rät auch Antonia.
Denkt dran: Je gestresster ihr seid, umso gestresster ist auch euer Kind! Vertraut also am besten darauf, dass alles gut gehen wird. Denn wie Antonia weiß: „Andere Eltern haben es auch schon geschafft!“.
Wir wünschen einen guten, erholsamen Flug mit den Kleinen!
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