Ferien sind langweilig – aber nur, wenn kein Kind zum Spielen da ist, der eigene Urlaub noch etwas in der Ferne liegt und die Bespaßungsmaschine der Erwachsenen auf Standby geschaltet ist. Zumindest scheinen das Kinder zu denken, die die Fähigkeit verloren zu haben, sich selbst zu beschäftigen. Yvonne, die auf auf ihrem Blog Rezensionen von Kinderbüchern schreibt, erzählt uns, wie sie dazu kam und gibt Buchtipps zum Vorlesen und Selbstlesen für Grundschüler.
Während Forscher und Entdecker draußen allein auf Spurensuche gehen, Spielkinder sich in die Paralleluniversen der Fantasiewelten von Playmobil, Lego, Barbie, Bayala- und Schleichfiguren hineinspielen können, Musikjunkies in ihren Kinderzimmern tanzen oder singen, Freunde des kreativen Gestaltens malen, zeichnen, basteln, etc. und Leseratten ein Buch zur Hand nehmen und gedankenverloren in literarische Welten abtauchen, ist meine Tochter in dieser Hinsicht resistent. Sie mag sich nicht gern allein beschäftigen. Sie hasst es!
Für mich ein Graus, denn da ich selbst als Lehrerin tätig bin, habe ich zur gleichen Zeit Ferien wie sie und stünde ja theoretisch für Bespaßungseinheiten zur Verfügung. Bei der Theorie bleibt es aber meistens. Ich vertrete die Ansicht, dass Langeweile gut ist, um sich mit den eigenen Möglichkeiten auseinanderzusetzen und selbst herauszufinden, was Langeweile vertreiben kann.
Na gut, ich bin nicht immer so eine Spaßbremse, aber ich habe ja noch andere Aufgaben zu erledigen, als die Animateurin für „Madame Langweilig“ zu mimen. Wie gut, dass ich noch was „in petto“ habe. Seitdem ich mich intensiv mit Kinderbüchern beschäftige, sie lese, vorlese oder in punkto Illustrationen untersuche, färbt das etwas auf meine sonst eher lesemuffelige Tochter ab. Sie lebt getreu nach dem Motto: „Mama, ich kann doch lesen. Warum soll ich denn mehr lesen als in der Schule? Das reicht doch!“
Wie umgehen mit solchen Lebenseinstellungen? Recht hat sie, das Pferd springt auch nicht höher als es muss. Aber bringt sie sich nicht selbst um einen besonderen Lesegenuss?
Ich bin eine Verfechterin des Lesens und habe bereits im Studium zahlreiche Seminare zur Leseförderung besucht. Dies färbt natürlich auch auf meine pädagogische Arbeit ab, denn viele Kinder benötigen einfach nur den entsprechenden Lesestoff, ein anregendes Leseangebot oder einfach nur Texte zu Themen, die an ihre Lebenswelt anknüpfen.
Wie gut, dass das Buchangebot kaum Grenzen kennt und fast jedes Interessengebiet für Kinder abdeckt. Die Krux dabei ist, dass das richtige Buch erst gefunden werden muss, bevor das vielleicht geweckte Leseinteresse bereits im Keim erstickt. Oftmals bedarf es einiger Tricks, da ist jedes Kind unterschiedlich.
Meine Tochter habe ich durch einen „Job“ gepackt. Denn in die Rezensionen, die ich schreibe, integriere ich auch die Kindersicht – quasi die Meinung von Kindern für Kinder. Und hier kommt sie ins Spiel. Denn ich habe sie zur „Buchbotschafterin“ erkoren. Diesen „Job“ nimmt sie sehr ernst und auf einmal macht auch das Lesen Spaß. Erst vor einer Woche kam ein neues Buchpaket an, das sie freudig entgegen genommen hat. Da wurde erstmal ausgewählt: „Ene, mene, Miste…“ auf Anhieb entscheiden konnte sie sich nämlich nicht.
Buchempfehlungen konkret: Wie wäre es mit diesen Vorschlägen?
Vorlesebücher für Kleinkinder[su_list icon=“icon: book“ icon_color=“#323fa1″]
- Der Mondscheindrache
Cornelia Funke und Annette Swoboda bilden ein tolles Team, durch das die Kinder leicht in die Welt der Fantasie eintauchen können…
Das Buch wird für Kinder ab 4 Jahren empfohlen – meiner Tochter hat es aber auch gefallen (3 J.). Die fantasievollen farbigen Illustrationen und der Ort der Geschichte (Kinderzimmer) knüpfen dabei gut an die Interessen und an die Lebenswelt der Kinder an. Dies erleichtert auch den Einstieg in die Geschichte:
Alles beginnt in einer Vollmondnacht, in der das Licht hell und klar ins Zimmer scheint. Philipp kann nicht einschlafen und zählt die Sterne, die er von seinem Bett aus am Himmel sehen kann. Plötzlich hört er ein Rascheln neben seinem Bett und sieht, wie sich die Seiten seines Lieblingsbuches bewegen. Ein kleiner Drache springt aus der Geschichte in sein Kinderzimmer. Er hat Angst und sucht nach einem Unterschlupf. Wenig später erscheint auch ein bewaffneter Ritter, der den Drachen jagt. Philipp beobachtet die Szene mit mulmigem Gefühl unter seiner Bettdecke. Mutig springt er dann jedoch aus seinem Bett und verteidigt den ängstlichen Drachen vor dem wütenden Ritter. Aus Sicht des Ritters ist Philipp ein Riese, gegen den er sich zu wehren versucht. So pikst er ihn mit seiner Lanze ins Bein. Als Phillipp den Ritter dann packen möchte, wird er selbst ganz klein.
Für den Ritter ist Phillipp nun ein Gegner auf Augenhöhe. Aber Philipp ist clever! Er tut sich mit dem ängstlichen Drachen zusammen, so dass beide mit allerlei Tricks und dem Wissen über Funktionen besonderer Spielzeuge einen Plan aushecken. Natürlich gelingt dieser Plan: Der Ritter wird wieder zurück ins Buch geschubst – da, wo er hingehört! Und der Drache???
DAS müsst ihr schon selbst herausfinden!
ISBN 978-3-7855-7646-5, 12,95 €
- Das wundervolle Geschenk
So einfach und so schön kann das Thema der ewigen Ungeduld kinngerecht für Kinder ab 3 Jahren erzählt werden! Giuliano Ferri nutzt dabei zwei klassische Figuren der Kinderliteratur: Großvater und Enkel.
Anlässlich seines Geburtstages bekommt der kleine Mäuseruch Luca viele Geschenke. Er freut sich über seine Freunde, die ihre Geschenke liebevoll eingepackt haben. Er hatte einen aufregenden Tag, der durch das symbolhafte Geschenk seines Großvaters einen Höhepunkt erreicht. Dieser überreicht dem kleinen Luca nämlich einen kleinen Beutel mit Saatkörnern. Luca ist darüber zunächst enttäuscht: „Aber das sind doch bloß ein paar Körner“. Mit wissendem Lächeln entgegnet sein Großvater, dass es besondere Saatkörner seien, die ihm in Zukunft viel Freude bereiten werden, so er sich denn gut um diese Körner kümmern würde: Rutschen, schauen, verstecken oder sogar essen – also ein ganz besonders vielseitiges Geschenk! Luca kann sich dies jedoch nicht vorstellen. Gemeinsam mit dem Großvater sucht er eine schöne Stelle aus, an der er die Körner einsät. In seiner Vorstellung wäre schon am nächsten Tag mit dem Ergebnis zu rechnen. Seine Enttäuschung war daraufhin groß, denn nach einem Tag wächst bekantlicherweise noch nichts. Es vergehen viele Tage, in denen Luca fast den Glauben an das Großartige vergisst. Bis eines Tages Keime aus dem Boden sprießen. Luca staunt, ist aber weiterhin eher unzufrieden, da ihn das Warten langweilte. So vergehen Tage und Wochen. Ein Auf und Ab der Gefühle – bis das Pflänzchen zu einer stattlichen Pflanze mit verschiedenen Windungen, großen Blättern und herrlichen „Früchten“ herangewachsen ist. Alle Versprechungen des Großvaters sind wahr geworden – es brauchte nur Geduld und Muße!
ISBN: 978-3-8656-6189-0, 13,95 €
- Jojo – Kleiner Hund mit Bärenmut
Ein Familienprojekt haben Bengt und Jan Birck mit diesem Buch eindrucksvoll auf die Beine gestellt. Der lesenswerte Kindertext von Bengt wird durch die anregenden Konturenillustrationen von Jan Birck zu einem wahren Genuss. Denn eigentlich ist Bengt Birck freischaffender Künstler.
In der Ruhe des Waldes fallen ihm jedoch abenteuerhafte Geschichten um den tapferen Hund Jojo ein und davon erzählt auch dieses Buch.
Jojo lebt auf einem Bauernhof und hat dort viele Freunde unter den Tieren. Mit ihnen vertreibt er sich die Zeit oder erzählt von seinem Traum: Wenn er groß ist, möchte er ein Schäferhund werden – so wie der alte Barat, der den Schäfer schon viele Jahre begleitet hat. Heute herrscht große Aufregung auf dem Bauernhof, denn es kursiert ein Gerücht! Ein Bär wurde im Wald gesichtet. Das macht allen Tieren Angst. Ein jeder sucht sich ein Versteck. Nur Jojo nicht! Er hat noch nie einen Bären gesehen, weiß auch nichts von seinem gefährlichen Ruf. Also schnuppert er Abenteuerluft und macht sich auf den Weg in den Wald. Dabei trifft er den einen oder anderen Waldbewohner, die er nach dem Bären befragt. Alle Tiere verhalten sich ganz komisch, als er ihnen von seiner Suche erzählt. Sie haben Angst und machen sich schnell auf und davon. Ins nächstgelegene Versteck. Jojo wundert sich und überlegt, ob er den Heimweg zum Bauernhof antreten soll. Aber er möchte ja ein Schäferhund werden und Schäferhunde sind mutig! Voller Tatendrang geht er immer tiefer in den Wald. Als es dunkel wird, sucht er sich einen Unterschlupf. Am nächsten Morgen wird er gefunden…
Von wem er gefunden wird und was er noch im Wald erlebt, könnt ihr im Buch nachlesen.
ISBN 978-3-7855-7900-8, 12,95 €
Lesebücher für Grundschüler
- Kleiner Hund auf großen Sprüngen (4. Lesestufe)
Auch für die Erstleser gibt es spannende Abenteuer vom Hütehund Jojo. Hier schließt sich also ein Kreis vom Vorlesen zum Erlesen. Kinder, die Jo-Jo schon aus Vorlesesituationen kennen, können hier relativ leicht Anschluss finden und selbst in eine neues Abenteuer eintauchen. Auch in diesem Buch begleiten farbige Illustrationen den Lesetext.
Jojo ist ein kleiner Welpe auf einem Bauernhof, den es nach einem Abenteuer dürstet. Daher beginnt er damit, den Hof außerhalb seines Körbchens zu erkundigen und sich auf Freiersfüßen zu bewegen.
Zunächst versucht er sich im Hühnerfangen, dann schlüpft er unter einen Zaun hindurch und lässt sich vom alten Pferd Wim über die Bedeutsamkeit richtiger Abenteuer belehren. Diese Begegnung ist schicksalsreich und weckt in ihm die Lust nach mehr. Er erweitert seinen Erfahrungshorizont und trifft dabei auf Barat, einem alten Hirtenhund. Barat erzählt die spannendsten Abenteuer seiner Reisen an der Seite des Schäfers Benedikt. Mittlerweile ist der gute Barat jedoch zu alt, um weiterhin mit Benedikt auf Schaftrieb zu gehen.
Das ist die Gelegenheit für Jojo: sein Abenteuer! Denn für ihn ist klar, dass er ein Schäferhund werden möchte, sobald er groß ist. Doch bis Benedikt ihn wirklich mit auf die Reise nimmt, muss er sich erst bewähren.
Was er alles tun muss, um sich zu bewähren und welche Prüfungen auf ihn warten, könnt ihr im Buch nachlesen.
ISBN 978-3-7855-7463-8, 7,95 €
- Sonne, Strand und ganz viel Meer
Was kann besser in Ferienstimmung bringen als Feriengeschichten? Abenteuerliche Strandgeschichten mit Fantasie und einem stets beliebten Kinderthema: Freundschaften knüpfen!
Cornelia Funke liefert hierzu gut leserliche und motivierende Texte, die Elisabeth Holzhausen farbig illustriert hat.
Lasst euch auf eure Strandferien einstimmen und erlebt mit Jule, Ben und Jo spannende Abenteuer in sechs witzigen Geschichten! Seid neugierig auf eine geheimnisvolle Flaschenpost, auf Dünenschweine und auf traumhafte Meerjungfrauen.
Und wer weiß, vielleicht erlebt ihr ja ganz ähnliche Geschichten in den Ferien…
ISBN 978-3-7855-7702-8, 7,95 €
Geheimtipp
- Frank Einstein – Die Entführung der Roboter[/su_list]
Was nützen alle Erfindungen, die es schon gibt? Etwas Neues muss her! Der wissensdurstige Junge Frank tüftelt mit seinem Freund an etwas Revolutionärem, etwas Neuartiges, noch nie Dagewesenes. Bis es ein Gewitter gibt. In dieser Nacht ist alles anders. In dieser Nacht fügen sich Teile selbständig zu zwei Robotern zusammen, die unterschiedlicher nicht sein können. Mit Klink und Klank nimmt die Geschichte ihren Lauf. Mit ihnen an seiner Seite, kann Frank den Wettbewerb gewinnen und mit dem Preisgeld die Schuleden seines Großvaters zahlen – hofft er. Doch er hat einen Widersacher! Der reiche junge T. Edison will ebenfalls den Preis gewinnen und lässt sich fiese Dinge einfallen: Spionage und Entführung bis Sabotage. Alles ist ihm recht.
Ein absolut spannendes Kinderbuch, das ich als Erwachsene unglaublich gern gelesen habe – nicht nur für Jungs 😉
ISBN 978-3-4532-6978-1, 12,99 €
Weitere ausführliche Rezensionen zu Buchinhalten, Buchfakten und auch die Sicht meiner Tochter zu unseren Buchvorstellungen findet ihr auf meiner Blogseite http://limalisoy.de/buchtipps/.
Bleibt neugierig und habt Freude am Lesen,
eure Yvonne
Bilder:© istock.com/ tatyana_tomsickova, limalisoy.de, © Verlag Loewe, © Verlag Loewe, © Verlag Loewe, © Verlag Loewe, © Verlag Heyne fliegt