Bei Kindern die negativ im Unterricht auffallen – sei es durch unruhiges oder auch desinteressiertes Verhalten – werden oftmals Konzentrationsstörungen bis hin zu AD(H)S vermutet. Geht das auffällige Verhalten noch einher mit schlechten Schulleistungen, rechnen die wenigsten Eltern mit einer Hochbegabung ihres Schützlings. Doch wie kann man überdurchschnittliche Intelligenz beim Kind erkennen und fördern? Wichtige Tipps findet ihr hier.

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Hilfe, mein Kind ist anders!

„Er hat kein Schlafbedürfnis, er spricht viel über das Leben, den Tod, die Natur und Technik. Er kann sich stundenlang für Sachen faszinieren. Doch andere Dinge, wie immer wieder die gleichen Buchstaben üben, langweilen ihn und trotzdem macht er sie, weil es von ihm erwartet wird, aber dann auf seine Art und Weise.“ Das ist die Aussage von Angelika, Mutter des hochbegabten Sean. Gerade weil sie ihren Sohn immer als sehr wissbegierig und begeisterungsfähig einstufte, war es für die junge Mutter umso schockierender als sie von Seans Klassenlehrerin erfuhr, dass dieser immer sehr unkonzentriert sei, andere Dinge im Kopf hätte und nicht mit dem Stoff hinterher käme. Wie wahrscheinlich die meisten Elternteile in solch einem Fall, verließ sich auch Angelika in ihrer hilflosen Überforderung zunächst auf die Ratschläge von Lehrern und Kinderpsychologen. Doch erst nachdem Seans Verhalten nach der Diagnose ADS und der Herabstufung in die Vorschulklasse sogar noch auffälliger wurde, kam die besorgte Mutter auf die Idee, den IQ ihres Sohnes testen zu lassen. Ergebnis: „Sean war hochbegabt und nun war es an der Zeit mit den Lehrkräften zu sprechen. Schließlich sollte er glücklich sein und er musste gefördert werden.“

Zappelphilipp oder Genie?

Natürlich sind nicht alle unruhigen und wissbegierigen Kinder automatisch hochbegabt. Vor allem dadurch, dass sich viele Merkmale der Hochbegabung, wie erhöhte körperliche Aktivität und verringerte Konzentrationsfähigkeit, mit den typischen Symptomen eines AD(H)S überschneiden, ist es auch für Psychologen oft sehr schwer eine Unterscheidung zu treffen. Häufig kann es sogar der Fall sein, dass sich beide „Störungen“ (oder vielmehr Gaben!) überlagern. Ob euer Kind überhaupt Indizien einer überdurchschnittlichen Begabung erfüllt, könnt ihr anhand dieser Checkliste überprüfen. Absolute Gewissheit kann jedoch nur ein auf diesem Gebiet spezialisierter Fachmann verschaffen. Eine gute Anlaufstelle ist sicherlich auch der deutschlandweite Expertenkreis Hochbegabung/Potentiale, eine Gruppe von Psychologen, die sich auf Testung und Beratung rund um Begabung spezialisiert hat. Sollte das Ergebnis „negativ“ ausfallen, solltet ihr aber auf keinen Fall enttäuscht sein. Denn Angelika bemerkt ganz richtig: „Jedes Kind ist ein Individuum und sollte dementsprechend gefördert werden. Die einen Kinder können früh ganz toll malen, die anderen sprechen und wieder andere interessieren sich für Naturwissenschaften und hinterfragen viel.“

Diagnose: Hochbegabt – Und nun?

Ist das Testergebnis tatsächlich „hochbegabt“, fällt vielen Eltern erstmal ein Stein vom Herzen. Endlich wissen sie, was mit ihrem Kleinen los ist und können ihren Schützling spezifisch unterstützen und fördern. Doch wie? Hier ein paar hilfreiche Anregungen:

  • Interessen fördern:

Dem Kind sollte die Möglichkeit gegeben werden, möglichst viele Erfahrungen in verschiedenen Bereichen zu machen. So kann es seine Wissbegierde vollkommen entfalten und herausfinden, in welchen Gebieten seine Neigungen liegen. Auf diese Weise entdeckte auch Angelika Seans Spezialgebiet: „ Ich fördere ihn, indem wir viel in der Natur unternehmen, denn das ist sein Gebiet. Er interessiert sich für die Lebewesen, Pflanzen, das Sonnensystem oder auch Naturkatastrophen. Zu Hause wird auch viel gebastelt, gebaut und geforscht.“ Viele kreative Anregungen für alle möglichen Freizeitaktivitäten finden sich auch auf Angelikas Blog Familie & Freizeit.

  • „Normales“ Umfeld:

Zwar werden in manchen Regionen Spezialschulen für Hochbegabte angeboten, jedoch raten viele Experten wie Karsten Otto von der Hochbegabtenförderung in Bochum eher davon ab. Seiner Ansicht nach sollten diese nicht unter einer Käseglocke aufwachsen und ständig nur von Hochbegabten umgeben sein. Durch ein gemischtes Umfeld kann das Kind seine sozialen Kompetenzen besser ausbilden und lernt sich zu integrieren. Auch Angelika wollte, dass Sean „normal“ aufwächst und entschied sich daher für die Regelschule. Unbedingt sollten Eltern aber darauf achten, dass die Lehrkräfte auch wissen, wie mit dem Kind umzugehen ist. Oft werden an Schulen auch spezielle Förderprogramme angeboten. Fühlt sich euer Schützling dennoch chronisch unterfordert, bietet auch das Überspringen einer Klasse eine gute Option.

  • Für Gehirnnahrung sorgen:

Noch mehr als andere Kinder besitzen Hochbegabte ein ausgeprägtes Lernbedürfnis und wollen ständig geistig gefordert werden. Daher solltet ihr immer für genügend intellektuelle Anreize sorgen, damit sich euer Kind nicht irgendwann langweilt. Dies könnt ihr zum Beispiel mithilfe von Büchern, Lernspielen oder auch durch eine Mitgliedschaft im Schachclub erreichen. So hat euer Kind die Gelegenheit, seine Stärken und Schwächen zu erkennen, wodurch es seine Fähigkeiten und Potentiale vollkommen entfalten kann.

Gehirn Kind Wissenschaft

Im Grunde gilt jedoch: Wie alle anderen Kinder brauchen auch Hochbegabte vor allem genügend Zuwendung und ein offenes Ohr für ihre individuellen Bedürfnisse!

 

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