Bloggende Mütter sind mittlerweile Alltag, bloggende Väter scheinen selten aber vorhanden, bloggende Großeltern haben wir bisher jedoch keine gesehen! Aber es gibt sie! Denn auch die Omas und Opas haben spannende Geschichten aus dem Alltag mit Kindern zu erzählen. Wir haben mit einem bloggenden Opa gesprochen – und sind beeindruckt.
Wie Opa zum Bloggen kam….
Wie bist du darauf gekommen, einen Blog über das Opa-Sein zu schreiben?
„Ich war auf einer Fachveranstaltung von Kommunikationsleuten, von denen einer die Aussage in den Raum stellte: Im Zeitalter von Facebook und Twitter braucht man mit dem Bloggen eigentlich gar nicht mehr anzufangen. Als ich darüber länger nachgedacht hatte, kamen mir doch erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage, zumal es in der gesamten Kommunikationsgeschichte keinen einzigen Fall gegeben hat, in dem ein neues Medium ein altes komplett verdrängt hätte. Da ich aber bis dahin keinerlei Erfahrung mit dem Medium Blog hatte, habe ich mich erst einmal in das Thema hineingekniet und recherchiert, was man zum Bloggen so alles braucht.
Eine wichtige Erkenntnis war, dass man sich, wenn man erfolgreich bloggen will, für das Thema begeistern können muss. Da war dann für mich sehr schnell klar, dass sich der Blog um meine Enkel und damit um das Thema Familie und Generationen drehen muss. Und dann wollte ich es irgendwann wissen und habe einfach mit Opas Blog angefangen.“
Was hattest du dir davon erhofft, zu bloggen?
„Erhoffen? Direkt eigentlich nichts. Wie schon gesagt, im Grunde war es ja ein Experiment, das sich allerdings irgendwann einmal verselbständigt hat. Aufgrund der hohen Zugriffszahlen sehe ich aber schon die Möglichkeit, Dinge anzustoßen und vielleicht sogar zu bewegen. Was mir besonders wichtig ist, ist das Thema Familie. Wenn ich sehe, welche Probleme heute meine Kinder belasten, dann macht mich das schon nachdenklich. Meine Frau und ich waren in dem Alter, in dem heute unsere Kinder sind, deutlich unbefangener, und konnten es auch sein. Vielleicht versuche ich ja im Unterbewusstsein, diese Unbefangenheit ein Stück weit in die heutige Zeit zu retten.“
Wie persönlich schätzt du deinen Blog ein?
„Das Spektrum meiner Themen ist ja ziemlich breit angelegt: Von der Alltagsbanalität mit meinen Enkeln bis zu handfesten politischen Kommentaren. Dabei bin ich, so glaube ich, schon sehr persönlich und erlaube tiefe Einblicke in meine Gefühlswelt und mein Seelenleben. Jedenfalls mache ich aus meinem Herzen keine Mördergrube. Man könnte fast sagen: Ich biete so etwas an wie eine Daily Soap, in der sich jeder mit freuen oder auch mit leiden kann. Die vielen positiven Reaktionen zeigen mir jedenfalls, dass ich offensichtlich mit meinen Themen den Zeitnerv bzw. -geist ziemlich gut getroffen habe.“
Was Familie für Opa bedeutet
Steht für dich deine Familie über allem?
„Kurz gesagt: Ja, und immer mit Blick auf die Kinder. Ich zitiere in diesem Zusammenhang gerne eine frühere Journalisten-Kollegin von mir, die leider viel zu früh verstorbene Tissy Bruns: ‚… das Leben mit Kindern ist kaum vorstellbar, ohne sich selbst und die Nachkommen einzuordnen in einen Kontext, der weiter und größer ist als das einzelne Individuum. Kinder sind die Sehnsucht nach dem Besseren, das möglich ist. Nicht nur für Eltern und Großeltern. Wo der Ehrgeiz der Gesellschaft schwach wird, wenn sie nicht mehr alle Kinder als ‚ihre‘ Kinder wahrnimmt, verliert sie ihre Zukunft.‘ Dem ist nichts hinzuzufügen.“
Stimmt für dich der Spruch: „Großväter sind Väter, die vom lieben Gott eine zweite Chance bekommen haben?“ Wie würdest du das interpretieren?
„Es handelt sich dabei ja um ein holländisches Sprichwort, das sich eigentlich auf Großmütter und Mütter bezieht. Es soll zeigen, wie gut es den Großmüttern geht, weil sie den Enkeln beim Aufwachsen zusehen und sie verwöhnen können – ganz ohne den täglichen Stress und das Klein-Klein der Kindererziehung. Das gilt natürlich auch für Großväter und Väter, also auch für mich. Und nur am Rande: Dass du ausgerechnet ein holländisches Sprichwort zitierst, ist vor dem Hintergrund, dass meine Frau aus den Niederlanden stammt, besonders witzig.“
Was ist die entscheidende Besonderheit in der Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln im Vergleich zu Eltern und Kindern?
„Was ich gerade angesprochen habe: Großeltern müssen ihre Enkel nicht erziehen, dafür sind die Eltern da. Sie können das an der einen oder anderen Stelle unterstützen. Aber die Verantwortung für die Erziehung tragen die Eltern. Insofern ist das Verhältnis zwischen Großeltern und Enkel viel unbelasteter und entspannter als zwischen Eltern und Kindern.“
Wie unterscheidet sich für dich das Verhältnis zu deinen Kindern und Enkelkindern?
„Grundsätzlich überhaupt nicht, ich liebe beide uneingeschränkt und vorbehaltlos. Ein Punkt, auf den man als Großeltern in diesem Zusammenhang achten sollte, ist, dass man ob der Niedlichkeit der Enkelkinder die eigenen Kinder nicht irgendwann einmal übersieht. Das kann schnell passieren. Für mich ist es immer wieder ein unbeschreibliches Gefühl, wenn ich meine beiden Töchter mit ihren Söhnen auf dem Arm vor mir hergehen sehe. Das ist Glück pur.“
Was ist dein persönlicher Tipp für die Beziehung zwischen Großeltern und Enkelkindern?
„Großeltern sollten für ihre Enkelkinder zuverlässige und verständnisvolle Gesprächspartner sein. Dabei darf man nicht vergessen, dass es sich um Kinder und nicht um kleine Erwachsene handelt. Ich beobachte in letzter Zeit, dass viele Großeltern, aber leider auch Eltern, die Kinder in dieser Hinsicht überfordern. Cordula Stratmann, die mir oft aus der Seele spricht, hat es in einem Interview einmal auf den Punkt gebracht, als sie auf die Frage “Wenn der Kuchen spricht, schweigen die Krümel?” schlicht und ergreifend mit: “Ja!” antwortete. Das entlaste Kinder ungemein. Wenn Eltern sich vor klaren Autoritätsverhältnissen drückten, tue das keinem Kind gut. Das gilt auch für Großeltern, die die für Kinder so wichtigen Leitplanken besonders liebevoll verpacken können.“
Was kann oder soll man tun, damit das Verhältnis heutzutage, vielleicht auch über Distanzen, gepflegt wird?
„Hier ist besonders wichtig, dass Großeltern „up to date“ bleiben. Das gilt vor allem für die neuen Medien. Dazu ein paar Zahlen: 100 Prozent der 14- bis 19-Jährigen sind seit 2010 online. Und während das Internet immer mehr Lebensbereiche erfasst und unser aller Leben nachhaltig verändert, nutzen nach der aktuellen ARD/ZDF-Onlinestudie lediglich 82,7 Prozent der 50- bis 59-Jährigen das Internet. Bei den über 60-Jährigen sind es gar nur noch 42,9 Prozent. Das bedeutet, fast 20 Prozent der 50- bis 59-Jährigen und über die Hälfte der über 60-Jährigen sind offline. Das heißt aber beispielsweise auch, dass diese Menschen mit ihren Kindern und Enkelkindern, so sie vielleicht am anderen Ende der Welt ihre Brötchen verdienen, keinen Kontakt via Skype oder Hangout haben können und ihnen damit ein Teil der realen Welt verschlossen bleibt. Das muss nicht sein. Aus diesem Grund engagiere ich mich als Opa im Bundesverband Initiative 50Plus und helfe als Botschafter mit, dem betroffenen Personenkreis das Internet schmackhaft und die Offliner zumindest zu Digital Immigrants zu machen.“
Wir bedanken uns sehr herzlich für dieses tolle und spannende Interview!
Bilder: Detlef Untermann, © iStock.com/mizcaz