Wenn ich von meiner Tochter spreche, benutze ich noch ganz oft den Ausdruck ´mein Baby´. Das ist für Aussenstehende oft befremdlich, denn eine 2 1/2 Jährige ist in den meisten Augen kein Baby mehr. In meinen schon. Auch wenn mir jeder neue Tag verdeutlicht: Sie ist tatsächlich kein Baby mehr. Sie ist ein Kleinkind. Eines, dass sehr viel redet für ihr Alter und versucht nun all seine Grenzen auszutesten. Eine völlig neue Erfahrung für Laien- Eltern wie wir das sind. Denn nun startet die richtige Erziehung.

Kleinkind beim Spielen

Willkommen in der Trotzphase

Ich habe die Babyphase sehr genossen. Ich habe in dieser Zeit zu meinem Mann gesagt: ´Warum können wir diese Phase nicht einfrieren? Sie ist so schön und kommt nie wieder.’ Meine Mama sagte dann immer, dass jede Phase schön sein wird. Die jetzige Phase ist  jedoch am schwierigsten. Sie ist völlig neu und anders als sämtliche Entwicklungsschritte vorher. Denn nun redet meine Tochter mit mir und manchmal haben wir schon richtig lange und intensive Konversationen.

Ich merke, wieviel sie schon begreift und Dinge aufschnappt, die eigentlich noch nichts für ihre Ohren sind. Nun hat sie ihren eigenen Kopf und weiß genau, was sie wann und ob sie etwas essen, spielen oder unternehmen möchte. Ich beschwere mich gar nicht, denn ich genieße diese spannende Zeit ebenso wie die vorangegangene Babyphase. Sie ist oft sehr anstrengend, doch auf der anderen Seite auch lustig und sehr schön. Wir lernen uns noch besser kennen und haben tagtäglich neue Kämpfe, die wir austragen. Doch wie verhält man sich richtig in der Trotzphase?

Wie verhalte ich mich richtig?

Ich reagiere immer aus dem Bauch heraus und versuche konsequent zu sein. Ich glaube, die meisten Mütter, die ihre Kinder lieben, reagieren instinktiv richtig. Kinder versuchen nun ihre Grenzen auszutesten und Kinder brauchen Grenzen. Wir Erwachsene sollten ihnen die Sicherheit und den Halt geben und das passiert nun mal ganz oft in Form von Grenzen. Regeln müssen sie schließlich später oft genug befolgen. Dann lernen sie sie am besten zu Hause.

Nicht schwierig – nur anspruchsvoller

Mein Geheimrezept bei Wutanfällen ist das Ablenken. Ich versuche mich in die Kinder reinzuversetzen, denn diese Weinattacken entstehen tatsächlich aus Ärger und viel Traurigkeit. Sie auszulachen, weil es ja tatsächlich aus unserer Sicht recht albern ist, wegen einer Schokolade so einen Aufstand zu machen, ist der falsche Weg. Ich nehme sie dann immer in den Arm, sage, dass sie nicht traurig sein soll, erkläre ihr warum sie das jetzt nicht bekommt und lenke sie ab. Meist funktioniert es.

Wenn sie mich bewusst ärgert und es eskaliert, dann werd ich auch sauer und gehe aus dem Zimmer. Das kann sie überhaupt nicht leiden und sie kommt dann sehr oft, nicht immer, hinterher und sagt ´Entschuldigung Mama! Sei nicht sauer, Emma ist wieder lieb und nicht mehr böse.´Natürlich schmilzt mein Mamaherz dabei und ich bin aber trotzdem stolz, in manchen Situationen streng zu bleiben und sie zu schimpfen. Oftmals reicht dann auch nur.´Soll die Mama sauer werden?´ und sie sagt gleich von vornherein ´Ok, Mama, wir sind wieder Freunde.´ Ich habe auch sehr viel Glück mit meiner Tochter, da ich erst jetzt das erste Mal eine schwierige Phase erlebe. Vielleicht ist ´schwierig´ auch das falsche Wort, denn es ist eine ganz normale Phase, die einfach nur anspruchsvoller als andere Phasen ist.

Der Übergang zum Kleinkind ist spannend.

Der Übergang zum Kleinkind ist spannend.

Gefühschaos

Ich merke nun auch ganz deutlich, dass sich viel in ihrer Gefühlswelt tut. Sie vermisst nun ihre Lieblingspersonen ganz oft. Verkraftet es nicht mehr ganz so gut, wenn Papa und Mama nicht ständig bei ihr sind, sondern auch mal abwechselnd arbeiten müssen. Auch der Krankenhausaufenthalt ihrer geliebten Oma und die anschließende Reha (die wir ihr als Hotel verkauften) war schwierig für sie. Sie drückt ihre Gefühle nun vielleicht einfach nur mit Worten aus, das konnte sie vorher natürlich nicht. Sie erzählt uns von ihren Träumen, ob sie von Haien und Krokodilen geträumt hat und Angst hatte. Sie sucht nun verstärkt unsere Nähe und lässt meine Hand ausserhalb des Hauses nicht mehr los. Vorbei ist die Phase, als sie mit dem Kindereinkaufswagen alleine im Supermarkt losgezogen ist.

Die Phasen kommen und gehen und die Kinder machen viele Entwicklungsschritte durch. Das ist spannend und ich bin froh, so intensiv daran teilnehmen zu können. Mein Job erlaubt es mir, sehr oft zu Hause zu sein und viel für meine Tochter da zu sein. Ob die Weichen und die Erziehung die ich ansteuere die richtige ist, kann ich leider erst in ca. zehn Jahren sagen. Doch was mich heute schon stolz macht ist, dass meine Kleine sehr höflich ist und das ´Bitte und Danke´ ganz selbstverständlich über ihre Lippen kommt.

Mir war ebenfalls sehr wichtig, dass sie Menschen, die sie ansprechen, ebenfalls beachtet und begrüsst. Sie sagt immer zur Kassiererin ´auf Wiedersehen´ und ist jedesmal ganz entsetzt wenn das, ab und zu weil sie es nicht hört, nicht erwidert wird. Sie sagt dann immer ganz laut´hmm, Mama die Frau sagt nicht auf Wiedersehen.´ Kinder, die schon früh die ganz einfachen Benimmregeln kennen, fand ich selbst immer ganz toll und freue mich, dass das bei unserem Kind so gut klappt. War allerdings auch überhaupt nicht schwierig. Denn ´Bitte und Danke´und ´Hallo und auf Wiedersehen´ist auch eigentlich ganz einfach beizubringen wenn man früh damit anfängt.

Auf Wiedersehen Babyphase, Hallo Kleinkindphase: Es gibt viel zu entdecken und zu lernen.

Auf Wiedersehen Babyphase, Hallo Kleinkindphase: Es gibt viel zu entdecken und zu lernen.

Ich trauere der Babyphase zwar sehr nach, denn Babys sind einfach toll, freue mich aber natürlich auch über diese Phase. Ich liebe die neue Art von Kommunikation und die Neugierde auf alles. Ich kann mich nun das erste Mal richtig mit meinem Kind unterhalten und das ist toll. Bald wird auch das selbstverständlich sein und dann freue ich mich auf die nächste Phase. Die Pubertät würde ich jedoch gern auslassen. Da hat mir meine eigene schon gereicht. 🙂

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