Zuhörförderung – das liegt uns erst einmal wie ein kleiner Zungenbrecher im Mund. Doch im Mund fängt Sprache gar nicht an, sondern viel mehr im Ohr. Kleine Babys hören zunächst nur zu, um erst viel später erste Worte zu sprechen. Und damit dann beim Sprechen alles klappt, ist nicht nur Sprachförderung wichtig, sondern auch die Zuhörförderung. Dabei sollen Kinder lernen, richtig hinzuhören und gleichzeitig auch zu verstehen, was da gesagt wird. Medienpädagogin Jenny findet das so wichtig, dass sie in ihrer Freizeit einen Audioblog für Kinder gestaltet. Wir wollten von ihr wissen, was es mit dem Zuhören auf sich hat…
Hören und Hörverstehen – wie wichtig ist das?
Hinhören – wie geht das eigentlich? Mit unserem Auge gelingt es uns leichter, etwas zu fokussieren und bewusst zu betrachten. Doch die Hörfähigkeit nehmen wir dagegen eher als selbstverständlich wahr – bewusst hinhören ist viel schwieriger. Zunächst müssen wir störende Geräusche ausblenden und dann das Gefühl für das eigene Gehör finden. Für Jenny ist klar, dass Hören und auch Hörverstehen ganz zentrale Aspekte sind, um an unserer Gesellschaft teilhaben zu können:
„Alles geht vom Hören aus, denn nur wenn man zuhört und versteht, kann man in angemessener Weise darauf reagieren. Man vergisst oft, dass sogar das Sprechen mit dem Hören beginnt, denn als Baby nehmen wir Worte auf, speichern sie, verarbeiten sie und irgendwann ist unser Sprachzentrum so ausgebildet, dass wir die Worte selbst sagen können. Denkt man schließlich an den Beginn der Schulzeit, ist das Hören ebenfalls essenziell, um den Unterrichtsstoff aufnehmen und verarbeiten zu können. Überall steht Hören an oberster Stelle, doch nirgendwo wird es richtig gelehrt, sondern als selbstverständlich vorausgesetzt.“
Auf Jennys Blog Murle murmelt dagegen finden Kinder und Eltern anregende Audiobeiträge, um ihr Hörverständnis zu üben. Zuhörförderung ist für die Medienpädagogin aber auch beruflich ein zentrales Thema. Auf ihrem Blog versucht sie nun, ihr Wissen auch an den Spaß am Hören mit anderen zu teilen.
[su_box title=“Murle murmelt“ style=“soft“ box_color=“#b73235″]Auf Murle murmelt findet ihr zahlreiche Hörspiele für Kinder im Vorschul- und Grundschulalter. Jenny versucht dabei mit Kinderaugen die Welt zu sehen und wird unter anderem durch ihre kleine Katze inspiriert. Besonders gerne investiert sie ihre Zeit in Beiträge, bei denen Kinder etwas lernen können. Manchmal finden aber auch Projekte aus ihrem Job Platz auf dem Blog, wenn sie in Workshops mit Kindern Hörspiele aufgenommen hat. Der Blog soll Kindern die Freude und den Spaß am Zuhören vermitteln und neugierig auf Neues machen. Wenn Kinder ihr Feedback schicken, freut sich Jenny besonders und setzt die Anregungen dann gerne um.[/su_box]
Alle Kinder sollten Hören üben
Das Angebot von Jenny richtet sich dabei nicht nur an Kinder, die Schwierigkeiten beim Hören haben. Alle Kinder können in ihrer Zuhörfähigkeit gefördert werden und auch Erwachsenen empfiehlt sie ab und an bewusster zu hören. Täglich wird unser Ohr mit Reizen überflutet und muss dabei dafür sorgen, dass die richtigen Reize auch ankommen. Mit Hilfe von Hörspielen können Groß und Klein üben, sich auf leise Töne zu fokussieren und einzelne Nuancen wieder besser wahrzunehmen.
Jenny seilt sich dafür auch gerne vom Großstadtleben ab und nutzt die Ruhe des Parks, um bewusst hinzuhören: „Wenn ich zur Abwechslung einmal im Park sitze, um etwas Ruhe zu finden, mache ich gerne die Übung, mich bewusst auf meine akustische Umwelt zu konzentrieren. Und plötzlich höre ich wieder die vielen kleinen Geräusche, wie den Wind, der durch die Blätter streicht, die Bienen und die zwitschernden Vögel und merke da erst wieder, wie wertvoll unsere Ohren sind und wie wichtig es ist, das Hören zu trainieren.“
Hören Kinder eigentlich anders?
Zwar wird das Gehör schon während der Schwangerschaft vollständig ausgebildet, doch die ersten Jahre hört ein Baby beziehungsweise Kleinkind ganz anders als wir Erwachsenen. Laut dem Journal of the Acoustical Society of America können Babys noch keine einzelnen Töne wahrnehmen, sondern hören alle Geräusche gleichzeitig. Die Filterfunktion des Ohres ist quasi noch nicht ausgeprägt. In den ersten drei Jahren verfeinert sich dann die Fähigkeit des Gehirns, Hörinformationen richtig aufzunehmen. Doch die vollständige Hörfähigkeit ist erst nach rund sechs Jahren so ausgeprägt, wie wir das kennen. Deshalb ist es auch für kleinere Kinder noch so schwer, Geräusche zu unterscheiden und auch die Richtung auszumachen, aus der sie kommen. (Quelle)
Auch Jenny hat in ihren Kursen festgestellt, dass Kinder auf ihre eigene Art hören: „Kinder hören teilweise noch feinfühliger als Erwachsene. Ich meine damit, dass Kinder oft andere, gerade die leiseren Geräusche stärker wahrnehmen, als die, die meist von den Erwachsenen genannt werden. Das liegt unter anderem an der Entwicklung des Ohrs. Mit dem Alter und der damit verbundenen Beeinflussung durch vielfältige Stör-Geräusche (wie Baustellen, laute Motoren, quietschende Züge etc.) oder durch den Besuch von Konzerten und Diskotheken werden die Sinneshärchen im Ohr auf natürliche Weise mehr oder weniger beschädigt. Entsprechend ist es nicht selten der Fall, dass man im Alter gerade sehr hohe oder sehr niedrige Frequenzen nicht mehr so wahrnehmen kann wie in der Kindheit.“
Richtig hinhören
Neben den tollen Hörspielen könnt ihr mit euren Kids aber auch im Alltag das bewusste Hören üben. Sei es, dass im Alltag in der U-Bahn, beim Kochen oder auf dem Spielplatz spielerisch versucht wird, auf Dinge genau zu hören, oder aber beim nächsten Waldspaziergang auch auf die leisen Töne geachtet wird.
Oder spielt doch anstelle von „Ich sehe etwas, was du nicht siehst…“ einfach eine Runde „Ich höre etwas, was du (noch) nicht hörst…“
Bilder: © panthermedia.net, JCB Prod // Jenny