Noch ist die deutschsprachige Bloglandschaft für Eltern recht spärlich besiedelt: Meist nehmen sich große Verlage dem Thema an. Private Blogs von und für Eltern gibt es nur wenige. Deshalb möchten wir euch Schmuckstücke vorstellen. Heute im Interview sind Nicole und Andrea vom Schweizer Portal Familianistas. Nicht nur die Namensverwandtschaft hat uns aufhorchen lassen…
screenshot familianistas

Vom Journalismus zum Bloggen

Andrea und Nicole sind nicht nur die Köpfe hinter Familianistas, sondern beide auch Journalistinnen. Doch weil vieles im Beruf nicht immer so ist, wie wir uns das wünschen, haben sie sich mit Familianistas eine Spielwiese gebaut, auf der sie alleine entscheiden, was geht und was nicht. Einen besonderen Charme bekommt die Seite durch die vielen schweizerdeutschen Begriffe. Mode, Design und Familienaktivitäten stehen im Mittelpunkt der Seite.

Interview

Hallo ihr beiden! Ihr habt beide viel Erfahrung bei Zeitschriften gesammelt, wie kam es dann zu der Idee, ein eigenes Familienportal zu gründen? Welche Themen waren euch dabei besonders wichtig?

Primär ging es uns bei familianistas.ch darum, ein – auch in optischer Hinsicht – ansprechendes Familienportal zu kreieren. Die Familien, die bei uns aufs Portal klicken, sollen Berichte mit persönlichem Zugang lesen. Wir schreiben keine Werbetexte – das heißt also wenn uns was nicht passt, sagen wir das auch! Das ist in der Printmedienlandschaft, für die wir ja auch tätig sind, leider eher schwierig umsetzbar. Die Themen, die uns als „junge“ Mütter beschäftigen – also: „Wohin sollen wir in Urlaub fahren, ohne unser Familienbudget zu sprengen?“, „Wo kriegen wir coole Winterjacken für die Kids her?“ oder „Was können wir als Nicht-Basteltanten dennoch an Regentagen mit unseren Kindern basteln?“ Das sind die zentralen Themen auf familianistas.ch.

Was grenzt euer Portal von anderen ab – was findet der Leser vor allem bei euch?

Mit Sicherheit die Optik: Hüpfende Zwerge und dergleichen, die durch den Bildschirm hopsen, findet man leider allzu oft auf Familienportalen. Diese Art von Infantilismus gibt es bei uns nicht. Schließlich werden wir ja von Müttern und Vätern gelesen und nicht von Fünfjährigen. Hinzukommt, dass wir uns wirklich die Zeit nehmen unsere Tipps zu testen – wir schreiben nichts, was wir nicht auch gesehen, erlebt oder ausprobiert hätten.

Unterscheidet sich eure journalistische Arbeit von der Art, wie ihr euren Blog betreibt? „Tobt“ ihr euch auf dem Blog mehr aus?

Klar. Wir nehmen kein Blatt vor den Mund. Wenn wir im Gegensatz dazu für ein Magazin schreiben, sind wir leider an viele Einschränkungen gebunden: Es gibt immer irgendwelche Werbekunden, die berücksichtigt und nicht vergrault werden sollen – das war vor zehn Jahren mit Sicherheit noch anders. Deshalb genießen wir es auch umso mehr für unseren Blog etwas zu verfassen und lassen es so richtig rocken!

Welche anderen Elternportale lest ihr selber gerne?

Die klassischen Elternportale aus den USA wie: Die parenting-Rubrik von salon.com oder Motherlode – das ist der Parenting-Blog der New York Times. Auf diesen findet man meist gesellschaftspolitische Themen, die Familien was angehen, welche erst Monate später in Europa besprochen werden. Wie beispielsweise der Hype um die „Tiger-Mom“. In Sachen DIY lieben wir den Blog von Handmadecharlotte.com – sie hat coole Ideen, die in der Regel auch einfach umzusetzen sind. Und aus der Kids-Fashion-Welt beispielsweise www.smudgetikka.com, ein sehr professioneller Blog mit gutem Überblick über die Modewelt.

In eurem Blog finden sich viele schweizerdeutsche Ausdrücke und Formulierungen – ist das etwas, was sich auch auf anderen Schweizer Elternportalen findet oder nutzt ihr das bewusst als Stilmittel, um euch abzugrenzen?

Die meisten Blogs aus der Schweiz operieren mit heimischen Begriffen und Formulierungen – das hat, so glauben wir, etwas mit Identität zu tun. Beziehungsweise will man dadurch wahrscheinlich authentisch schweizerisch rüberkommen. Aber bewusst setzen wir das nicht ein, das fließt halt einfach so aus uns heraus…

Sind all eure Do it Yourself Ideen von euch selbst erprobt? Woher nehmt ihr da eure Inspirationen und Ideen?

Nicht alle, aber die meisten. Leider bleibt uns fürs Basteln nicht immer allzu viel Zeit. Aber wir arbeiten daran. Dafür haben wir eine Expertin in diesem Gebiet – unsere Gastautorin Djennat, welche die Selbermachen-Sachen für uns kreiert oder testet. Ihre Ideen findet man übrigens auf nanu-atelier.allyou.net.

Unter „Denken“ könnt ihr eurem Frust auch mal freien Lauf lassen und berichtet darüber, was als Mutter auch nerven kann. Welche Wege habt ihr für euch selbst entwickelt, um mit dem Mutter-Stress am besten umgehen zu können?

Immer mittwochs treffen wir uns mit anderen Freundinnen – wir nennen das unseren Frauen-Stammabend. Das machen wir nunmehr bereits seit über zehn Jahren; also schon vor der Geburt unserer Kinder. Wir gehen dann gemeinsam was essen, besuchen eine Ausstellung oder lästern über unsere Männer. Das ist sehr befreiend! Daneben: Yoga und ab und zu Gras rauchen…

Kind und Karriere: Wie bekommt ihr beides unter einen Hut?

Gute Frage. Leider werden einem diesbezüglich in der Schweiz nur allzu oft Steine in den Weg gelegt. Die coolen Jobs sind immer Fulltime, was ein völliger Irrsinn und überhaupt nicht qualitätsfördernd ist. Zudem sind die Kinderbetreuungskosten in der Schweiz absurd hoch: wir zahlen etwa für einen Baby-Kita-Platz rund 1300 Franken, also etwa 900 Euro. Und last but not least: Wer verheiratet ist, zahlt hierzulande mehr Steuern. Familien, in denen beide Partner erwerbstätig sind, werden also bestraft. Aber: Wir lassen uns durch diese Felsbrocken nicht die Laune an unserer Arbeit vermiesen – das wäre ja noch schöner!

Vielen Dank für das Interview.

Bild: Screenshot Familianistas